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Neues zur Klimakatastrophe

raum&zeit-Kolumne von Manfred Jelinski

Nein, ich will nicht die üblichen defätistischen Argumente bringen. Nicht vom Amazonas-Urwald reden oder von Trumps Kohleaktien, schon gar nicht davon, dass die weltweiten Streaming-Dienste soviel CO2 ausstoßen wie der bundesdeutsche Autoverkehr.
Das ist doch alles populistisch, würde man heute sagen, in neuerer Zeit immer ein gutes Argument, wenn man dem einzelnen Bürger an den Kragen will. Das mit der Vereinzelung haben wir ja inzwischen geschafft – jeder hat seinen eigenen Telefonvertrag, seinen eigenen Stromanbieter und seine ganz persönliche Krankenversicherung. Und natürlich auch ihre, das macht dann doppelt so viel Vereinzelung.
Divide et impera, da sind wir jetzt.
Unser Kaminofen bullert fröhlich, das ganze Haus wird warm. Wir heizen ausschließlich das, was in unserem Garten wächst. Gut, es sind zwei große Gärten, aber hierzulande wachsen Bäume, als würden sie dafür besondere Prämien bekommen. Wir könnten einen Nachbarn mitversorgen. Noch keinen Winter habe ich es geschafft, den Holzschober zu erledigen – etwas, das man bei eben diesen Nachbarn genauso gut ablesen kann. Ganze Hauswände sind vollgestapelt.
Aber eigentlich müsste ich den Ofen stilllegen, wie alle anderen, die noch älter sind. Er ist nämlich von 1992.
„Sehr guter Ofen, brennt fast abgasfrei!“, konstatiert mein Schornsteinfeger. „Hat aber kein Zertifikat.“
Ein Nachbar hat sich einen neuen gekauft, ganz billig, aber mit Zertifikat.
„Ja, stimmt“, sagt mein Schornsteinfeger. „Die werden jetzt aus China und aus östlichen Ländern angeboten. Keine Ahnung, wie sie das Zertifikat erhalten haben, aber schon nach kurzer Zeit stoßen sie mehr Schadstoffe aus als dieser hier. Und sind auch schneller durch.“
Aha, denke ich, CO2-Einsparung ist eine Funktion des deutschen Außenhandelsdefizites. Sie wissen schon: das Defizit zu Lasten der Wirtschaftspartner. Deshalb müssen wir ja auch amerikanisches Flüssiggas mit schwerölbetriebenen Tankern verwenden. Und deshalb müssen auch die Kreuzfahrtschiffe, die nach Aussagen von Verschwörungstheoretikern erheblich zur globalen Misere beitragen, weiter befeuern.
Aber die Natur schlägt zurück, darüber sollten sich die deutschen Politiker und alle Klimaaktivisten freuen. Ein winzig kleiner Virus sorgt inzwischen dafür, dass sowohl Kreuzfahrten als auch Interkontinentalflüge unattraktiv werden. Weil man bei Ankunft in fernöstlichen Ländern erstmal zwei bis drei Wochen in die Quarantäne muss. Bald auch hier!
Identitäre Politiker jubeln. Endlich haben wir einen Grund, die Grenzen dicht zu machen! Alle Grenzen! Da sind die Briten ja mit einer großen Weitsicht gesegnet gewesen, die Grundlagen dafür schon so früh anzugehen!
Und irgendwie finden wir das in unserem grund- und bodendemokratischen Land doch auch super, dass Hongkong nun die Grenzen nach China dicht machen kann.
Äh, wo war ich stehen geblieben? Ach ja, bei der Wirtschaft. Die entscheidet eigentlich immer. Das habe ich schon in den 70er Jahren eines vergangenen, fröhlichen Jahrhunderts mitgekriegt. Gut ist, was Großkonzernen recht und billig ist. Bei der Ölkrise waren die Förderländer die Bösen, nicht etwa die internationalen Konzerne, die jeden Versuch einer anderen Energieversorgung abwürgten. Gut, dass die USA auch ein Förderland sind. Argument war da auch immer, dass wir ja auch ein paar Liter aus der Nordsee hochpumpen.
Und jetzt entzweien sich gerade die Anwohner in und rund um Grünheide südlich von Berlin, wo die sakrosankte Firma Tesla erstmal ein Waldstück abholzen will, um dort klimafreundliche Batterieautos herzustellen. Wobei noch hart diskutiert wird, ob ein Elektroauto, das mit Solarstrom betrieben wird, in zehn oder erst in zwölf Jahren klimaneutral ist.
Nun weiß jeder, dass man sein Auto nach spätestens zwölf Jahren verschrotten sollte, um der Not leidenden Autoindustrie (jetzt besonders nach der Schummel-Software) etwas auf die Beine zu helfen. Das ist eine Aufgabe, für die jeder einzelne Bürger herangezogen werden muss!
Was ich nicht verstehe, ist der ganze leidenschaftliche Einsatz von Politikern für die öffentlichen Verkehrsmittel und die Fahrradindustrie. Glaubt man, dass hier zukünftig die Milliarden an Steuergeldern und die Beraterboni erwirtschaftet werden können?
Schon kommen die Vergleiche mit Kopenhagen. Wer einmal da war, weiß, dass diese Quatsch sind. Erstens hat man in Kopenhagen schon vor Jahrzehnten begonnen, die Stadt fahrradfreundlich umzubauen, zweitens hat man die Autohaltung dermaßen verteuert, dass es ein echter Luxusgegenstand wurde und nun fast nur noch gebrauchte Kleinwagen aus Deutschland importiert werden, und drittens liegt Kopenhagen an der Peripherie Europas. Das ist mit Hamburg, Berlin und München – ja, auch Stuttgart – jaja, gar nicht zu vergleichen! Auch in den Sommermonaten halten sich die Touristenschwärme in Grenzen und der größte Verkehr ist über die Sundbrücke nach Schweden.
Wo sie übrigens überall Kaminöfen haben, aber die guten skandinavischen aus dem letzten Jahrhundert. Hoffentlich kommt man bei Volvo nicht auf die Idee, in Pipi-Langstrumpf-Land eine Fabrik für Batterieautos zu machen.
Übrigens: Ein gutes, regengeschütztes Fahrrad mit Gepäckteil benötigt auch einen halben Autoparkplatz.
Und das mit dem Klima wissen wir seit 40 Jahren.

https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Ladehemmung-Praxistest-mit-dem-Elektro-Auto,elektroauto340.html

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